Rezension: Bildband zur Ausstellung „Rembrandt – Hoogstraten“ in Wien

Der opulente Bildband „Rembrandt – Hoogstraten. Farbe und Illusion“ begleitet die Ausstellung im Kunsthistorischen Musem Wien (Oktober 2024-Januar 2025), kann aber auch als unabhängiges Werk betrachtet werden.

Ob Sie nun planen, die Ausstellung zu besuchen oder es nicht ermöglichen können – dieses Buch ist eine Anschaffung wert! Es spricht nicht nur Rembrandt-Fans und Kunst-Fans allgemein an, sondern ist auch für Laien sehr wertvoll.

Sie haben damit einen absolut prächtigen Schmöker, in dem die Meisterwerke so richtig toll zur Geltung kommen: auf dickem Glanzpapier gedruckt mit scharf aufgelösten Bildern, sodass Sie jedes Detail analysieren können. Viele der Abbildungen sind gold umrahmt. Damit wird der Bildband dem beeindruckendem Werk beider Künstler absolut gerecht.

Rembrandt kommt mit dem Buch zu jedem einfach mal nach Hause, stellt sich vor und entführt in eine kleine Zeitreise. Zu verdanken haben wir dies allerdings seinem Schüler Samuel van Hoogstraten, der bereits als 15-Jähriger zu Rembrandt in die Schule ging. Er hat seinen Meister sehr bewundert, auch kopiert und schließlich seinen eigenen, ebenfalls sehr respektierten Stil gefunden.

Vor allem aber hinterließ Hoogstraten auch ein Buchwerk für die Ewigkeit, nämlich die „Einführung in die hohe Schule der Malkunst oder Die Sichtbare Welt“. Sie gilt als Standardwerk für Kunstfreunde und erklärt der Nachwelt die Kunst früherer Jahrhunderte.

Die Wiener Ausstellung beschäftigt sich nun mit dem künstlerischen Werken beider Personen, stellt sie einander gegenüber und verhilft somit dem Betrachter vor allem Rembrandt besser zu verstehen.

In die düsteren Kunstwerke des 17. Jahrhunderts kommt Licht

Vielen Kunstlaien geht es ja so: Sie betrachten die Werke Rembrandts und andere alter Meister und fühlen sich von der Düsternis und den vielen Brauntönen etwas abgeschreckt. War die Welt damals denn wirklich so düster? Natürlich nicht, aber ein Grund für die Farbwahl ist einfach die Tatsache, dass die damaligen Künstler keine so breite Farbpalette zur Verfügung hatten wie wir heute.

Brauntöne und Schwarz waren am einfachsten herzustellen. Es musste ja alles aus der Natur angemischt werden. Ein Ultramarinblau war schwer zu bekommen und so beschränkten die Künstler diese Farbe auf die Augen ihrer portraitierten Personen. Ein weiterer Grund für die Düsternis der Werke ist das beabsichtigte Spiel von Licht und Schatten.

Wer genau hinsieht, bemerkt wie viele Nuancen von Schatten ausgearbeitet werden mussten. Der Lichteinfall holt immer das Hauptmotiv hervor und gibt ihm durch die düstere Umgebung noch mehr Bedeutung. All diese Punkte werden uns im Buch zur Ausstellung erklärt. Ebenfalls interessant: Rembrandt malte oft nur eine Hand seiner portraitierten Personen detailliert, die andere ließ er im Dunkel halb verschwinden.

Kritiker warfen ihm daher vor, er hätte die zweite Hand nicht mehr hinbekommen, aber in Wahrheit war dies ein wichtiges Stilmittel, um den Bildern Tiefe zu verleihen und Dreidimensionalität. Die helle Hand rückte in den Vordergrund, die dunkle nach hinten. Es ist ja absolut nicht selbstverständlich, wie lebendig und realistisch uns diese alten Werke vorkommen, dies ging nur mit sehr viel Technik und Malstrategie und vor allem Komposition, welche natürlich auch ein Thema im Buch ist.

Viele verschiedene Betrachtungen auf das Werk beider Künstler

Der Bildband enthält nicht nur wie andere vor allem schöne, großformatige Bilder aus der Ausstellung, sondern auch viele interessante Infos, Abhandlungen und Analysen. Genau das macht den Band auch so wertvoll, jeder Leser kann etwas für sich herausziehen. Besonders interessant finde ich die Kapitel über die Darstellung von Schmuck und Gold und die Modeaccessoires auf den Bildern.

Nicht umsonst gilt das Werk Rembrandts als so prachtvoll und opulent – er hat eben auch recht gerne kostbare Schmuckstücke und goldglänzende Kleidung dargestellt. Diese glänzen natürlich umso mehr, je dunkler der Hintergrund gemalt ist. Es war seine besondere Fähigkeit, die Schmuckstücke so realistisch wiederzugeben. Manch Bewunderer empfand seine Wiedergabe von Schmuck als wertvoller als den Schmuck selbst.

Die Mode der damaligen Zeit, so erfahren wir in diesem Band, spielte den Künstlern damals einen Streich, war sie doch streng in Schwarz-Weiß gehalten. Zum Malen reichlich langweilig und so schlüpfte Rembrandt für seine Selbstportraits lieber in historische Kostüme.

Da die Mode schon so monoton war, taten es ihm die großformatigen weißen Krägen an, denen er dann besonders viel Aufmerksamkeit widmete. Sie umrahmten das Gesicht der Portraitierten hell und zogen es noch mehr in den Mittelpunkt. Natürlich musste hier jede Falte und jeder Lichteinfall genau gemalt werden.

Apropos Genauigkeit: Realistische Abbildungen der Natur waren damals die höchste Form der Kunst! Kein Wunder – denn wie bereits erwähnt, es gab noch keine Fotografien! Lächerlich, dies zu erwähnen? Vielleicht, aber man muss sich schon klarmachen: Die Künstler waren damals die Fotografen, die alles für die Nachwelt festhalten mussten.

Es werden in diesem Band zur Ausstellung verschiedene Betrachtungsweisen und Aspekte im Schaffen der beiden Künstler betrachtet und dem Konsumenten nahegebracht. Es geht nicht nur um Schmuck, Gold und Mode, sondern auch um sehr wissenschaftliche Aspekte im Kapitel: „Samuel van Hoogstraten und die zentraleuropäischen Wissenschaftler des Sehens: Astronomie, jesuitische Optik, perspektivische Technik“ von Paolo Sanvito.

Werkschau der einzelnen Bilder

Aufbau des Buches

Neben großformatigen Abbildungen der Kunstwerke und den Abhandlungen, findet man noch einen Zeitstrahl mit den Lebensläufen beider Künstler und hinten eine Werkliste der ausgestellten Bilder mit allen Daten. Natürlich gibt es eine umfangreiche Bibliographie für alle Kunstsachverständigen. Es ist ein Werk für Laien und Experten gleichermaßen.

Thema der Ausstellung „Farbe und Illusion“

Das Thema Farbe haben wir schon angedeutet, genauso wichtig ist das Thema Illusion im Werke beider Künstler, so erfahren wir aus dem Bildband. Beide liebten es mit ihren Werken das Auge zu täuschen. Beide malten sogenannte Steckbretter, die man damals nutzte um Dinge des alltäglichen Lebens an die Wand zu heften. Sie malten das Sammelsurium so täuschend echt, dass ihre hochadeligen Kunden beim Anblick der Werke darauf hereinfielen und glaubten, diese würden wirklich an der Wand hängen!

Optische Täuschung war damals sehr beliebt und ging so weit, dass Rembrandt einmal das Bild einer aus dem Fenster lehnenden jungen Frau malte und dies tatsächlich in ein Fenster stellte – etliche Passanten dachten, die junge Dame wäre echt.

Diese täuschend echte Darstellung der Realität war ein Zeichen für die hohen Fähigkeiten eines Künstlers. Heute vergrößert man einfach Fotos am Handy und kann das kleinste Detail genau abmalen. Damals mussten die Künstler dies alles mit dem bloßen Auge erkennen und mit dem Pinsel übertragen, man kann davor gar nicht genug Ehrfurcht haben.

Der Schüler Hoogstraten kopierte in seinen Werken seinen Meister wirklich oft. Trotzdem sieht man genau, wer was gemalt hat. Rembrandt ist unverkennbar und noch viel feiner und detaillierter. Aber Hoogstraten kopierte ja auch vor allem um zu lernen, was natürlich toleriert wurde. Er bewunderte seinen Meister sehr und dieser war allgemein ein absolut beliebter und gefragter Lehrer, wie wir aus dem Bildband nun erfahren.

Hoogstraten erwies uns mit seiner Sicht auf Rembrandt einen großen Gefallen, erklärte er doch damit Rembrandts Stil und brachte uns seine Kunst näher. Dass Rembrandt seine Schüler gut behandelte und ohne Konkurrenzdenken förderte, zeigt uns, wie die damalige Zeit auch von Pädagogik und Nächstenliebe geprägt war.

Abschließend bleibt zu sagen: Das Lesen dieses Buches ist wie ein Eintauchen in die früheren Jahrhunderte und so unterhaltsam wie ein historischer Film – für alle Kunstfans ein Must-have!

Daten zum Buch:

Rembrandt – Hoogstraten

Ausstellungskatalog 2024. Größe: 24,5 x 28 cm
288 S., zahlr. Abb., gebunden
Deutsch

Farbe und Illusion
Sonderausstellung KHM 2024

Artikel Nr.: 100000000038214-3360-01

Zur Ausstellung in Wien:

Die umfassende Schau beeindruckt mit zahlreichen Gemälden und Zeichnungen in großer Vielfalt. Die gemeinsame Faszination von Rembrandt und Hoogstratens für Illusion wird aufwendig dokumentiert. Sie erfahren in der Ausstellung, wie die kraftvolle Kunst Rembrandts seinen Schüler beeindruckte und prägte und finden einen neuen oder ersten Zugang zum Werk des bedeutenden Meisters.

Entdecken Sie an den ausgestellten Werken die erstaunlichen Techniken, durch die die alte Kunst bis heute so viele Menschen fasziniert.

Die Ausstellung findet statt vom:

8. Oktober 2024
bis 12. Jänner 2025

Kunsthistorisches Museum Wien
Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien

Öffnungszeiten bis 12. Januar 2025:
Täglich, 10–18 Uhr
Do & Sa, 10–21 Uhr

Hier können Sie Tickets online kaufen: Rembrandt – Hoogstraten : KHM Shop

 

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