Das weltweit bekannteste Weihnachtslied Stille Nacht wurde zum ersten Mal Weihnachten 1818 in einer Kirche gespielt. Noch heute, 200 Jahre später, wird es in nahezu allen christlichen Gotteshäusern dieser Welt zur Heiligen Nacht gesungen und auch bei den Weihnachtsfeiern zu Hause gehört es in den meisten Familien zum Standardrepertoire.
Als der Organist Franz Xaver Gruber im Jahr 1818 seine Gitarre nahm und ein Gedicht vertonte, das der Pfarrer Joseph Mohr schon zwei Jahre früher geschrieben hatte, geschah das eigentlich aus einer Notlage heraus. Die Orgel der St. Nikola Kirche in Oberndorf bei Salzburg war defekt und die Dorfgemeinschaft fürchtete schon, der diesjährige Weihnachtsgottesdienst müsse ohne Musikbegleitung stattfinden. Für Gruber war das unvorstellbar und so komponierte er eine eingängige und unkomplizierte Tonfolge, die zur wohl berühmtesten Melodie der Welt wurde.
Welches Juwel der Musikgeschichte er geschaffen hatte, konnte er nicht ahnen. Sein einziges Ziel war, der Dorfgemeinde ein besinnliches Weihnachtsfest zu schenken und das ist ihm auch gelungen. Die Menschen, die sich am Weihnachtsabend 1818 in der St. Nikola Kirche zu Oberndorf eingefunden hatten, waren ihm dankbar.
Während der folgenden Jahre verbreitete sich das Lied zunächst innerhalb Österreichs, dann über die Landesgrenzen hinaus. Im Jahr 1854 zeigte sich König Friedrich IV. von Preußen so angetan, dass er eine Abschrift verlangte. Heute kennt man auf dem gesamten Erdball das Lied, das jedem ans Herz geht, der es hört. Stille Nacht wird weltweit in sagenhaften 300 Sprachen und Dialekten gesungen, von Afrikaans über Malaysisch bis Rätoromanisch. Seit 2011 gilt Stille Nacht als immaterielles Kulturerbe Österreichs.
Was ist das Geheimnis von Stille Nacht?
Als der Text 1816 geschrieben wurde, herrschte in Europa aufgrund einer Naturkatastrophe eine große Hungersnot. Die Menschen litten sehr, viele überlebten das Jahr nicht, das als „Jahr ohne Sommer“ in die Geschichte einging. Hunger war aber nicht das einzige Problem der Menschen. Schon fast 20 Jahre lang war die Region um Salzburg herum Kriegsschauplatz. Frankreich, Bayern und Österreich lieferten sich Kämpfe und Schlachten, deren Folgen eine Gefahr für die Lebensgrundlage der Bevölkerung waren. Die Menschen waren verzweifelt und hatten nahezu keine Kraft mehr. Aus dieser Stimmung heraus griff der Pfarrer Joseph Mohr zur Feder, um den Text für ein Weihnachtslied zu schreiben, das den Menschen Trost und Hoffnung bringen sollte. Besonders deutlich zeigen die Zeilen der dritten Strophe die tiefe Sehnsucht nach Frieden
Stille Nacht, heilige Nacht
Wo sich heute alle Macht
Väterlicher Liebe ergoss
Und als Bruder huldvoll umschloss
Christ die Völker der Welt
Christ die Völker der Welt.
Das Geheimnis des Liedes steckt im perfekten Zusammenspiel von Worten des Trostes und der Hoffnung, mit einer nahezu zärtlichen Melodie, die sanft direkt ins Herz geht. Das ist es, was den Zauber des Liedes auch nach 200 Jahren noch aufrechterhält.
Stille Nacht – Kirchenlied oder Volkslied
Für viele Menschen gehört der Gottesdienstbesuch an Weihnachten aus Tradition dazu. Zur Christmette sind die meisten Kirchen bis zum letzten Platz besetzt. Unter den Gottesdienstbesuchern sind Eltern mit Kindern, Paare, Singles, Menschen jeden Alters. Manche von ihnen sind alleinstehend und suchen an diesem besonderen Abend Gesellschaft. Andere wiederum sind von schweren Sorgen geplagt und erhoffen sich Trost und Zuversicht.
Zunächst war Stille Nacht als Kirchenlied gedacht. Als solches hat es in den Gesangbüchern beider christlichen Konfessionen in Deutschland seinen festen Platz erhalten. Längst singt man es auch außerhalb der Kirchenmauern. In vielen Familien gehört das Singen von Weihnachtsliedern am Heiligen Abend zum traditionellen Ablauf. Erst wird gegessen, dann gesungen, dann erst folgt die Bescherung. Ohne Kenntnis über Studien zu dieser Frage zu haben, wage ich es, zu behaupten, dass Stille Nacht zusammen mit „Oh du fröhliche“, „Oh Tannenbaum“ oder auch „Kling Glöckchen, klingelingeling“ zum Repertoire einer jeden Familie gehört, in der Weihnachtslieder gesungen werden.
Stille Nacht – wer ist textsicher?
Der Text von Stille Nacht ist unkompliziert und leicht zu merken. Die Melodie kann jeder nachsingen, der sie einmal gehört hat. Auch ohne nennenswerte stimmliche Begabung ist es möglich, die simple Notenfolge zu bewältigen
Üblicherweise werden von den sechs Versen nur drei gesungen: die Strophen 1, 2 und 6.
Während bei der ersten meistens noch alle mitschmettern können, lässt die Textsicherheit beim zweiten Vers schon nach, und die sechste Strophe wird manchmal nur noch halb genuschelt.
Hier nochmal zum Nachlesen, damit es am Heiligen Abend klappt mit dem Singen:
Stille Nacht, heilige Nacht
Alles ruht, einsam wacht
Nur das traute hochheilige Paar
Holder Knabe im lockigen Haar
Schlaf in himmlischer Ruh´
Schlaf in himmlischer Ruh´
Stille Nacht, heilige Nacht
Gottes Sohn, o wie lacht
Lieb´ aus deinem göttlichen Mund
Da uns schlägt die rettende Stund`
Christ in deiner Geburt
Christ in deiner Geburt
Stille Nacht, heilige Nacht
Hirten erst kundgemacht
Durch der Engel Halleluja
Tönt es laut von Fern und Nah
Christ der Retter ist da
Christ der Retter ist da.
Musik: Franz Xaver Gruber Text: Joseph Mohr
Jutta Schneider
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Jutta Schneider (Jahrgang 1957) lebt und arbeitet in Süddeutschland. Ihre Berufslaufbahn in einem Verwaltungsberuf konnte sie nach 40 Jahren an den wohlverdienten Nagel hängen, der sich Ruhestand nennt. Nach Ruhe klingt es aber ganz und gar nicht, wenn den lieben langen Tag die Tastatur klappert. Die Ergebnisse veröffentlicht sie unter ihren beiden Pseudonymen Emmi Schneider und Amy Taylor. Außerdem schreibt sie Kurzgeschichten für einen Zeitschriftenverlag und ist an diversen Anthologien beteiligt.
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