Träume deuten mit Sigmund Freud

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Wer sich ernsthaft mit Traumdeutung beschäftigen will, kommt an Sigmund Freud, dem Vater der Psychoanalyse, nicht vorbei. Erst, wenn man sein Standardwerk gelesen hat, sollte man sich noch mit anderen Theorien beschäftigen.

Träume werden seit Jahrtausenden gedeutet

Über die rätselhaften Botschaften unseres Unterbewusstseins im Traum gibt es seit Menschengedenken zahlreiche Theorien und heutzutage fundierte Forschungsarbeiten. Etliche dieser Theorien bestehen hartnäckig darauf, dass es eine allgemeingültige Traumsymbolik gibt.

Zieht man Sigmund Freuds Urwerk der Psychoanalyse zu Rate, kann man erstaunt feststellen, dass es für ihn keine einheitliche Symbolsprache gab. Stattdessen hat er der Nachwelt eine Reihe nützlicher Werkzeuge zur persönlichen Traumentschlüsselung hinterlassen.

Freud hat verschiedene Systeme und Strukturen aufgedeckt, nach denen Träume aufgebaut sind. Zusammenfassend und in die heutige Sprache übersetzt, lassen sich folgende Grundpfeiler der Traumstruktur nennen:

 

Traumstrukturen nach Freud:

 

  •  Träume folgen keinen im herkömmlichen Sinne logischen Prinzipien
  •  Traumbilder arbeiten assoziativ
  •  Worte spielen neben Bildern eine erhebliche Rolle
  •  Personen sowie Gegenstände und Abstraktes haben oft Stellvertreterfunktionen

 

Träume folgen keinen im herkömmlichen Sinne logischen Prinzipien

Die Logik unseres Verstandes, die uns im realen Leben so viel nützt, können wir bei der Analyse der Träume kaum gebrauchen. Dies rührt daher, dass der bewusste Verstand im Traum ruht und das Feld dem Unterbewusstsein überlässt.

Das Unterbewusstsein will uns vieles mitteilen und muss vieles verarbeiten. Etliches, was tagsüber auf uns einströmt, überfordert unsere Sinne und wird nur oberflächlich wahrgenommen. Manches davon ist bedeutsamer, als wir meinen und wird nächtens einfach wieder hervorgeholt.

Da selbst stundenlanger Schlaf nicht ausreicht, alle bedeutsamen Szenen unseres bisherigen Lebens ausführlich darzustellen, wird im Traum in erheblichem Maße komprimiert. Wir merken dies daran, dass in einer Traumsequenz mehrere Szenen aus unserem Leben in Sekundenschnelle verarbeitet werden. Dies sind beispielsweise solche Traumszenen, in denen wir im einen Moment einen bestimmten Gegenstand in der Hand halten, der sich im nächsten Moment in etwas völlig anderes, meist Unsinniges, verwandelt.

Bei der Analyse solcher Traumszenen kommen wir darauf, dass zwei bedeutsame Augenblicke unseres Lebens aufgetaucht sind. Während wir im Wachzustand über einen logischen Zusammenhang zwischen diesen beiden Gegenständen rätseln, hat der Traum längst seinen Zweck erfüllt und zwei reale Szenen verarbeitet.

Traumdeutung, bIld Traum Elefant Auto
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Traumbilder arbeiten assoziativ

Die meisten Träume sind assoziativ zu verstehen. Sie verweisen auf andere Inhalte. Traumszenen stehen eigentlich für die Dinge, an die wir spontan denken oder uns erinnert fühlen, wenn wir an den Trauminhalt denken. Die Assoziation, die eine Traumsequenz im Wachzustand sofort in uns auslöst, ist meist auch der eigentliche Inhalt. Träume wühlen uns oft emotional auf und wollen uns natürlich damit etwas sagen bzw. es soll etwas verarbeitet werden. Die Traumsprache ist aber nicht so einfach zu verstehen und vor allem ist sie nicht allgemeingültig, sondern sehr persönlich und subjektiv. Freud hat allerdings Grundstrukturen aufgedeckt, die jedem von uns nützen. Sein Ansatz ist völlig konträr zu modernen Deutungstheorien, in denen man mit allgemeiner Symbolik arbeitet und einzelnen Gegenständen immer die selbe Bedeutung beimisst.

Bild Traum gemalt
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Worte spielen neben Bildern eine große Rolle

Denken wir über unsere Träume nach, sind wir meist voll und ganz mit den Bildern der Träume beschäftigt. Gleichzeitig haben wir instinktiv das Bedürfnis, die Träume erzählen zu wollen. Es ist aber gar nicht nötig, Träume anderen Menschen zu erzählen. Diese können sie nicht so gut verstehen und interpretieren, wie wir selbst. Das Bedürfnis, die Träume erzählen zu wollen, kommt lediglich daher, dass der Sinn sich durch die Worte ergibt.

Personen oder Gegenstände, die in unseren Träumen vorkommen, haben Namen oder Bezeichnungen. Diese Worte weisen meist auf den eigentlichen Inhalt des Traumes hin.

Um ein leicht verständliches Beispiel zu nennen: Man träumt von einer entfernten Bekannten mit dem Nachnamen “Sommer”. So geht es in diesen Träumen eher nicht um die Person mit dem Namen “Sommer”, sondern um eine Begebenheit aus dem eigenen Leben in dieser Jahreszeit oder um andere, wichtigere Menschen als jene Bekannte, mit einem ähnlichen Namen, z.B. “Sollner”.

Durch diese Wortsprache der Träume passiert es so oft, dass wir von Personen träumen, die uns gar nicht so nahe sind. Also sogar emotionale, amouröse Verwicklungen haben oft nicht mit der Person, sondern mit dessen Namen zu tun.

 

Einfach selbst überprüfen

 Die von Freud entdeckten Mechanismen lassen sich sehr leicht überprüfen, indem man sich auffällige Träume selbst erzählt und auf Bilder, Erinnerungen, Gedanken, Gefühle und Assoziationen während des Erzählens achtet. Dann erkennt man, dass wirklich bedeutsame Personen, Erlebnisse und Geschehnisse hinter den rätselhaften scheinbar unsinnigen Traumszenen stehen.

Personen sowie Gegenstände und Abstraktes haben meist Stellvertreterfunktionen. Es kann wie oben erwähnt der Name der Hauptperson sein, der auf jemand anderes verweist oder es können optische oder charakterliche Ähnlichkeiten sein, die die Traumperson mit der eigentlich bedeutsamen Person gemeinsam hat.

Es kommt oft vor, dass wir sehr intensiv und detailliert von eher unbedeutenden Person träumen. Lassen wir die Intensität der Traumszenen in der Analyse weg, können wir meist nicht leugnen, um wen oder welches Erlebnis es eigentlich ging.

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Allgemein gilt für die Traumdeutung nach Freud:

All diese Strukturen und Mechanismen im Traumgeschehen gelten nicht für hellsichtige Personen. Hellsichtige träumen tatsächlich von den Menschen, denen etwas passieren könnte. Auch gelten die Zusammenhänge nicht unbedingt für Albträume, denn diese nehmen oft einen krankhaften Charakter an, erfüllen nicht mehr die normale Traumfunktion des Verarbeitens, sondern quälen die Betreffenden nur.

Für alle normalen Träume, über die man sich immer wieder wundert und die man gerne enträtseln würde, gilt aber tatsächlich, dass sie uns etwas mitteilen wollen. Sie zu entschlüsseln und auf uns wirken zu lassen, bringt oft erhellende Erkenntnisse über uns selbst und unser Leben. Sei es der Weg, den wir gerade beschreiten oder Irrtümer andere Menschen betreffend.

Grundsätzlich erfüllen Träume, ob sie verstanden werden oder nicht, immer ihre Funktion, nämlich uns zu beeinflussen. Sie können uns von falschen Entscheidungen abhalten, uns an manchen Tagen vorsichtig stimmen und an anderen antreiben.

Psychisch labile, depressive und neurotische Personen sollten sich jedoch nicht zu sehr auf ihre Traumwelt konzentrieren, denn unsere Wünsche, Einstellungen, Ängste und Irrtümer können auch stark unsere Träume beeinflussen und negative Bilder erst produzieren.

Mit der Freud’schen Entcodifizierung der spezifischen Traumsprache ist ein großer rätselhafter Teil der Traumstrukturen aufgedeckt und entmystifiziert worden. Leider ist dieses wertvolle Wissen nur wenigen Zeitgenossen bekannt.

Sein Standardwerk ist zum Teil schwer zu verstehen, aber es lohnt sich einfach, sich durchzuarbeiten. Wichtig zu erwähnen ist, dass man es im Kontext der damaligen Zeit verstehen muss. Ganz wichtig: Damals waren sexuelle Themen noch völlig tabu und deshalb nahmen sie in Freuds Ansätzen immer so einen wichtigen Stellenwert ein. Wir können Freud heute sehr dankbar dafür sein, dass er das Tabu-Thema an die Oberfläche geholt hat. Es ist daher eher amüsant zu lesen, wie damals sexuelle Symbolik entschlüsselt würde. Dennoch ist dies kein Grund, sich über Freuds Werke und seinen Ansatz lustig zu machen, denn er war ein Meilenstein.

Allgemein wird Freuds Schaffen zu sehr in den sexuellen Bereich gedrängt. Liest man seine Traumdeutung, bekommt man ein völlig anderes Bild von ihm. Auch wirkt er selbst weniger lüstern und auf dieses Thema fixiert, sondern es wird klar, dass er seinen Zeitgenossen helfen wollte, ihre Psychosen zu heilen.

 

Quelle: Sigmund Freud, „Die Traumdeutung“ *(1900). S. Fischer Verlag GmbH 1999

 

 

Wer dieses Buch gelesen hat, wird sich sicher über all die modernen Ansätze der Traumdeutung köstlich amüsieren. Hat man nämlich einmal angefangen, die wahren Strukturen der Träume zu erkennen, fällt man auf viele Deutungstheorien nicht mehr herein. Interessant sind die körperlichen Prozesse, die Phase des Aufwachens und wie Hunger, Durst und das Wissen um das baldige Weckerklingeln das Traumgeschehen in der Wachphase beeinflussen.

Fazit: Es ist im Traum nicht alles so mystisch, wie wir denken. Dennnoch bleiben große Teile der Träume rätselhaft und nicht so ganz “von dieser Welt”. Freud brachte aber enorm Licht ins Dunkel.

(Anmerkung der Autorin: Ich habe mich mit Sigmund Freud während meines Pädagogik-Studiums intensiv beschäftigt. Dieser Artikel ist bereits einige Jahre alt und war schon mal veröffentlicht, er hat aber an Aussagekraft nichts verloren. Ich habe ihn noch ein wenig überarbeitet. Nachdem ich die Traumdeutung gelesen hatte, bekam ich ein ganz anderes Bild von Freud und bin ein wenig Fan geworden. Schade, dass seine Traumdeutung heute zugunsten moderner, wesentlich weniger fundierter Theorien in Vergessenheit geraten ist).

 

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