Der Babyblues – wenn die Gefühle explodieren

Antranias / Pixabay

Für die einen die Zeit des großen Glücks – für die anderen eine Gefühlsachterbahn: Die erste Zeit mit Baby ist eine große Herausforderung.

Ein Wunderwerk der Natur – ein Leben entsteht

Ein menschlicher Körper funktioniert in einem feinen und sensiblen Zusammenspiel aus Hormonen. Wird eine Eizelle durch eine Samenzelle befruchtet, beginnt die Zellteilung und der Hormonhaushalt der Frau beginnt sich neu zu ordnen. Eine Schwangerschaft dauert im Durchschnitt 280 Tage beziehungsweise 40 Wochen. In dieser Zeit wächst der kleine Mensch unaufhörlich und je nachdem was er gerade benötigt, stellt sich der Körper der Mutter darauf ein. Frauen spüren diese Veränderungen unterschiedlich stark. Manche Frauen haben viele der typischen Schwangerschaftsbeschwerden, andere wiederum fühlen sich die ganze Zeit über gut.

Ein Baby kommt zur Welt und stellt diese auf den Kopf

Am Ende der Schwangerschaft steht die Geburt. Ob nun vaginal oder per Kaiserschnitt – ein Kind erblickt das Licht der Welt. Die Freude über das Baby ist groß und dieses kleine Wesen in den Armen zu halten ist absolut wundervoll. Doch manchmal kann es geschehen, dass diese Glücksgefühle teilweise oder sogar ganz verschwinden. Das passiert ebenfalls durch die Einwirkung von Hormonen. Der Körper registriert, dass das Baby nun nicht mehr im Mutterleib versorgt werden muss. Dies geschieht ab jetzt über die mütterliche Brust, vorausgesetzt der Wille zum Stillen ist gegeben. Auch wenn das Stillen abgelehnt wird oder nicht möglich ist, stellt sich der Körper hormonell auf diesen Zustand ein. Dieser Umschwung führt dazu, dass es zu einem raschen Abfall bestimmter Neurotransmitter kommt. Einige davon sind für positive Gefühle, wie Freude verantwortlich. Nicht nur innerlich verändern sich viele Dinge. Der komplette Tagesablauf erhält eine neue Struktur und richtet sich von nun an nach dem Baby. Zusätzlich lässt der Schlafmangel das Nervenkostüm noch dünner werden. Positive und negative Gefühle wechseln sich häufig ab. All das kann zum sogenannten Babyblues führen. Ein Wort, welches trügerisch erscheint, da es harmlos klingt. In vielen Ratgebern, über die Zeit des Wochenbettes, wird dieses Kapitel häufig nur sehr knapp behandelt. Dort stehen oftmals und sinngemäß Worte wie: „Diese Gefühle verschwinden nach ein paar Tagen von allein wieder…“ Doch was in diesen Tagen wirklich über eine Frau hereinbrechen kann, ist selten formuliert. Selbst in Geburtsvorbereitungskursen wird, teils schmunzelnd, kurz von „Heultagen“ gesprochen.

Wie äußert sich ein Babyblues?

Meist in den Abendstunden überkommen die Frau negative Empfindungen. Dazu gehören zum Beispiel Angst, Unruhe, Zweifel an der Mutterschaft und Überforderung. Dies tritt sehr plötzlich auf und Tränen fließen. Diese Gefühlsstürme können ein paar Minuten, bis hin zu mehreren Stunden anhalten. In diesem Zustand ist es ratsam, dass sich ggf. eine andere Person um das Baby kümmert. Obwohl Stillen Glückshormone freisetzt, fällt es vielen Betroffenen schwer, sich in dieser Situation auf das Baby einzulassen.

Victoria_Borodinova / Pixabay

Betroffene leiden außerdem häufig unter Schamgefühlen. Diese entstehen durch die oberflächliche Aufklärung und dem Umgang des Umfeldes mit negativen Gefühlen.

• „Reiß dich zusammen!“
• „Freust du dich denn nicht über dein Baby?“
• „Sei froh, dass du ein gesundes Kind auf die Welt gebracht hast.“
• „Was ist denn mit dir? Du solltest dich nicht so anstellen.“

Diese Sätze sind nur einige Beispiele von Aussagen mit denen frisch gebackene Mütter konfrontiert werden können, wenn sie ihre Empfindungen offenbaren. Weiterhin erfahren viele sozialen Druck von außen, z.B. durch die Medien. In diesen treten Prominente, kurz nach der Geburt frisch gestyled und freudig winkend, auf. Einige Profile in den sozialen Netzwerken strotzen nur so von Bildern des vermeintlich perfekten „After-Baby-Bodys“. All das kann die Gefühlswelt noch mehr ins Wanken bringen.

Tipps die Wirkung zeigen

Ein Hinweis von vielen Frauen lautet: „Lass die Gefühle raus und kuschle mit deinem Kind!“ Das klingt erst einmal sehr banal, ist jedoch die wirkungsvollste Methode. Die Gefühle sollten nicht unterdrückt werden. Das führt nur dazu, dass sich noch mehr Frust aufstaut und sich zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin alles entladen wird. Der zweite Punkt, ganz viel mit dem Baby zu kuscheln, hat eine ganz einfache Wirkung. Durch den engen Kontakt miteinander, werden automatisch Glückshormone freigesetzt, die den Körper durchströmen. Das kann helfen, die negativen Gefühle nicht so stark oder nicht so lange wahrzunehmen. Weitere hilfreiche Maßnahmen sind:

• Gespräche mit Vertrauenspersonen suchen. Das kann der/die PartnerIn sein, die Nachsorgehebamme, Freunde oder Familie. Die Sorgen und Ängste auszusprechen wirkt befreiend.
• Bewegung an der frischen Luft. Mit dem Baby in der Trage oder im Wagen, hebt ein Spaziergang die Stimmung merklich. Ist dies aus körperlichen Gründen nicht möglich, sollte das Fenster häufig geöffnet sein.
• Hilfe suchen und annehmen. Eine Frau sollte sich in der ersten Zeit auf sich und das Baby konzentrieren. Der Haushalt ist im Wochenbett Nebensache! Diesen kann der/die Partner*in oder die Familie übernehmen. Oder eine bezahlte Haushaltshilfe. Die Kosten werden unter bestimmten Voraussetzungen von den Gesundheits- und Krankenkassen übernommen.
• Loslassen! Jetzt gilt es Vergleiche mit anderen sein zu lassen. Jede Situation und jede familiäre Konstellation ist anders. Niemand passt in ein Schema oder sollte sich in ein solches hineinzwängen.

thedanw / Pixabay

Wenn die Traurigkeit nicht vergeht

Leider gibt es immer wieder Fälle, in denen die negativen Gefühle nicht mehr vergehen und der Alltag dauerhaft beeinträchtigt ist. In der Literatur findet man Zeitspannen von zwei bis vier Wochen. Wenn in dieser Zeit keine Besserung der Problematik auftritt und das Baby teilweise sogar abgelehnt wird, ist es dringend an der Zeit sich weitere Hilfe zu holen. Hier könnte es sich um eine Wochenbettdepression handeln. Dies ist eine ernstzunehmende Erkrankung der Psyche und vergeht nicht allein durch die oben aufgeführten Tipps. Hebammen, Gynäkologen oder Familienberatungsstellen können hier Anlaufstellen sein, die mit der betroffenen Frau weitere Schritte einleiten. Eine Wochenbettdepression kann geheilt werden, solange sich die Betroffene Hilfe sucht.

StockSnap / Pixabay

 

Nicht jede Frau wird von diesen heftigen Gefühlen vereinnahmt. Wichtig ist zu wissen, dass es nicht falsch ist so zu fühlen und es auch nicht als persönliches Versagen anzusehen. Es gibt immer einen Weg zur Normalität zurück, auch wenn die Situation teilweise trist und ausweglos erscheint.

Wenn sich Ihre Gedanken darum drehen, sich das Leben zu nehmen, versuchen Sie unbedingt darüber zu sprechen. Dies können Familie und Freunde sein oder andere Menschen die sich auf diese Themen spezialisiert haben.

Telefonseelsorge (0800 111 0 111)
Nummer gegen Kummer (116 111)
im Notfall Polizei (110) oder Rettungsdienst (112) anrufen!

Über die Autorin: Katrin Meinhardt schreibt, seit Juli 2019 als freie Texterin, in den Themenbereichen Gesundheit, Familie und nachhaltiges Leben. Alle diese Gebiete bewegen sie persönlich, was ihrer Arbeit Fachlichkeit und Authentizität verleiht. Mehr unter: www.kaki-text.de

 

Katrin Meinhardt

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


*