Steine bunt bemalen und Unbekannten zum Geschenk machen als sinnstiftendes Hobby
An einem recht grauen Januartag lief ich vom Bürogebäude zum Lieferwagen der örtlichen Bäckerei, um mir eine Brotzeit für die Mittagspause zu holen, dabei sah ich im Augenwinkel etwas Buntes liegen. Mit der Stärkung in der Tüte blieb ich auf dem Rückweg stehen, um zu gucken, was da lag. Ich dachte, dass vielleicht ein Kollege etwas verloren hatte, wollte es aufheben und im Sekretariat abgeben. Doch es war ein Stein!
Funde teilen unter dem Hashtag #wandersteine
Kein gewöhnlicher Stein allerdings, sondern ein kunstvoll bemalter. Er zeigte ein vierblättriges Kleeblatt und die Aufschrift „Glück für dich!“. Außerdem schimmerte, als wäre er lackiert worden. Ich nahm ihn trotzdem mit, aber nicht, um ihn im Sekretariat abzugeben, sondern, um mich am Schreibtisch ein wenig näher damit zu beschäftigen. Außerdem war mein erster Impuls: Wie cool, das werd ich gleich auf meiner Facebook-Seite posten! Noch hatte ich keine Ahnung, wie der Stein da hingekommen war und wer ihn, zu welchem Zweck, dort abgelegt haben mochte. Doch schon das Umdrehen des Steins, brachte mich der Lösung des Rätsels näher. Da stand #wandersteine darauf, außerdem das Facebook-Symbol und ein Datum. Im Internet stieß ich auf eine gleichnamige Gruppe, die bereits mehr als 6.000 Mitglieder zählte. Ich postete das Foto des Steins, jetzt sicher, dass genau das bezweckt worden war, und bekam binnen Minuten die Antwort, wem ich den Fund verdankte.
Initiatorin der bayerischen Wandersteine, Karin Löschenbrand
Karin Löschenbrand (35) gründete im Mai 2019 die Facebook-Gruppe #wandersteine und erzählt, dass es bundesweit bereits viele solcher Initiativen gibt. Die Mitglieder sammeln Steine, bemalen sie – oft extrem kunstvoll, manchmal einfach liebevoll – oder versehen sie mit Sinnsprüchen, fixieren das Bild mit Lack und legen sie an belebten Plätzen zum Finden aus. Ziel der Steinaktion ist es, den Findern eine Freude zu machen. Manchmal werden die gefundenen Kunstwerke aber auch zu echten Mutmachern. Karin ist überzeugt: „Nicht der Mensch findet den Stein, sondern der Stein findet den richtigen Menschen.“
Bunte Steine für mehr Freude im Leben
Und was sollte man tun, wenn man eines der kleinen felsigen Kunstwerke gefunden hat? Mein erster Impuls war richtig, die Wanderstein-Verstecker freuen sich, wenn die Freude über den Fund mit ihnen und anderen geteilt wird. Denn Freude wird ja zum Glück nicht weniger, wenn man sie teilt, sondern mehr! Zu diesem Zweck tragen viele Steine den Facebook-Hinweis auf ihrer Rückseite. Auf diesem Weg lässt sich auch – wie in meinem Fall – vielleicht sogar ermitteln, woher der Stein stammt. Ob der Finder den Stein als Talisman behält, oder erneut auf die Reise schickt, ist ihm überlassen. Ich habe tatsächlich etwas, wofür ich 2020 besonders viel Glück gebrauchen kann. Die Aktion finde ich klasse und vielleicht werde ich mich anschließen. Ein kleines Lächeln in jemandens Gesicht zaubern, die Idee gefällt mir. Einfach, ohne Gegenleistung etwas Gutes zu tun, und wenn es nur ein ganz kleiner Moment der Freude ist, das fehlt unsrer Welt gerade sehr, denke ich.
Danke liebe #wandersteine-Mitglieder!
Und allen anderen ein Tipp: Augen auf!
Veronika Lackerbauer lebt und schreibt in der Nähe von Landshut, Niederbayern. Sie ist Diplom-Kauffrau für Tourismus und hat einen Master in European Studies, seit 2013 arbeitet sie als Dozentin für Deutsch als Fremdsprache und berufliche Integration. Ihre wahre Leidenschaft ist jedoch das Schreiben. 2014 debütierte sie mit ihrem Fantasy-Roman „Burgfried“ im Verlag ohneohren. Neben Fantasy schreibt Veronika auch Regional-Krimis, historische Romane und Kurzgeschichten.
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