Wenn man in einer niederschlagsarmen Gegend oder auf besonders durchlässigem Boden gärtnert, ist die Bewässerung der Gartenpflanzen oftmals eine zeitraubende Angelegenheit. Bereits in einem kleinen Hausgarten kann das Gießen in den Sommermonaten zur Belastung werden. Eine künstliche Bewässerung ist nicht nur aufwändig zu installieren, sie verursacht auch Unterhaltskosten und bringt dabei nicht immer das gewünschte Ergebnis. Eine nachhaltige Alternative ist es, die Bepflanzung so zu gestalten, dass sie Trockenzeiten auch ohne Hilfe übersteht.
Ohne Schlauch gehts auch
Nicht nur berufstätigen Gartenbesitzern bleibt wenig Zeit für ihr Hobby. Auch Gartenfreunde mit mehr Spielraum möchten ihre wertvolle Gartenzeit nicht unbedingt mit Gießen verbringen. Dann gibt es noch jene, für die Gießen zwar eine entspannende Tätigkeit ist, die aber den hohen Wasserverbrauch problematisch sehen, sogar wenn sie dafür größtenteils Regenwasser nutzen. Und selbst wenn all das nicht zutrifft, kann es immer mal vorkommen, dass man den Garten für ein paar Tage alleine lassen muss. Deshalb haben sich die meisten Gartenbesitzer – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen – vermutlich schon mal mit dem Thema Bewässerung auseinander gesetzt. Die Gartendesignerin Annette Lepple hat ihre Überlegungen dazu in ihrem kürzlich erschienenen Buch „Genießen statt Gießen“ zusammengefasst.
Blütenpracht ganz ohne Gießen
Das Buch beginnt mit etwas Theorie über sommerliche Trockenheit und welche Strategien Pflanzen entwickeln, um damit umzugehen. So nutzen sie zum Beispiel ausgeklügelte Wurzelsysteme, Wasser speichernde Blätter oder sind schlicht und einfach kurzlebig. Die Autorin informiert über viele Details, die für das Thema relevant sind. Beschrieben werden beispielsweise Böden und ihre Eigenschaften oder die große Vielfalt bei den Trockenheit vertragenden Pflanzen, inklusive deren wichtige Bedeutung für Insekten.
Im zweiten Abschnitt geht es in die Praxis. Hier merkt man erneut, dass die Annette Lepple wirklich selber tätig ist. Sie schreibt über die richtige Pflanzenwahl für unterschiedliche Gegebenheiten, hat dabei aber immer auch den Gartenstil im Blick. Ihre Pflegetipps sind garniert mit sehr persönlichen Empfehlungen. So nutzt sie beispielsweise zum Jäten ein eigens angefertigtes Werkzeug, welches auf ihre individuelle Gartensituation abgestimmt ist. Sie weiß, dass sich mit Hilfe intelligenter Rückschnitt-Techniken nicht nur Blütezeiten verlängern lassen. Man kann dadurch auch in Trockenzeiten die Verdunstungsfläche an der Pflanze reduzieren. Sehr zu empfehlen sind die aufgezählten goldenen Gießregeln. Die wahrscheinlich wichtigste lautet: Lieber nicht so oft, aber dafür ausgiebig wässern.
Persönliche Erfahrungen der Autorin
Die Autorin bringt spannende Beispiele aus Gärten mit speziellen Gegebenheiten, darunter auch ihrem eigenen. Annette Lepple hat an den unterschiedlichsten Orten gelebt und gegärtnert. Unter anderem in Irland, wo sie nur ganz selten eine Gießkanne benötigt hat. Aber auch im Zentralwallis, welches als niederschlagsärmste Region Mitteleuropas gilt. Derzeit lebt sie in Frankreich, am Rand der südwestlichen Ausläufer des Zentralmassivs. Hier gibt es zwar milde und regenreiche Winter, aber die Sommer sind meist heiß und trocken. Die vielfältigen Erfahrungen mit unterschiedlichen Arten von Trockenheit werden ergänzt durch die Erkenntnisse aus ihrer Arbeit als Gartengestalterin. Als solche darf sie nämlich zusätzlich besondere Situationen in den Gärten ihrer Kunden meistern.
Alternativen zu den üblichen Gartenelementen
An einer Stelle geht es um die spannende Frage, ob man um jeden Preis ein bestimmtes Gartenbild realisieren muss. Die Autorin erinnert daran, dass Pflanzen bei standortgerechter Verwendung viel weniger Arbeit machen. Außerdem regt sie an, auf Gestaltungselemente die grundsätzlich arbeitsaufwändig sind, ganz zu verzichten. Dazu gehört der typische Schurrasen. Pflegeleichtere Alternativen wie Staudenbeete oder Blumenwiesen können genau an Standort und Boden angepasst werden. Das Ergebnis ist vermutlich sogar attraktiver, als eine mühsam bewässerte Rasenfläche, welcher trotz aller Bemühungen im Sommer höchstwahrscheinlich Trockenschäden aufweisen wird.
Gestaltungstipps und Pflanzenporträts
Im Mittelteil stellt Annette Lepple einige beispielhafte Gärten vor und berichtet über die Besonderheiten bei ihrer Entstehung. Immer werden die verwendeten Pflanzen genannt und es sind vor allem Stauden, die sich in Trockenzeiten gut halten können: Lavendel, Ziest, Palmlilie, Fetthenne, Kugeldistel, Steppensalbei, Scheinsonnenhut und viele mehr. Gräser wie das Sandrohr (Calamagrostis) sind in trockenen Lagen ebenfalls wertvolle Pflanzpartner. Das Buch enthält mehrere Pflanzpläne, die dank der genauen Erläuterungen über die Vorzüge der jeweiligen Pflanzen nicht nur für Anfänger interessant sein dürften.
Hilfreich sind die Hinweise, dass sich trockenheitstolerantere Alternativen oft schon innerhalb der selben Pflanzengattung finden lassen. So muss man auf geliebte Pflanzen nicht gänzlich verzichten, sondern wählt einfach eine verträglicher Art. Der gewöhnliche Wasserdost (Eupatorium cannabinum) hält Trockenheit besser aus, als der Purpur-Wasserdost (Eupatorium purpureum) und ist dabei nicht weniger attraktiv. Von den Leuchtenden Sonnenhüten (Rudbeckia) kommen die Arten Rudbeckia fulgida und Rudbeckia hirta selbst auf schweren Böden besser mit Trockenheit zurecht, als andere Vertreter der Gattung.
Zum Abschluss gibt es einige Pflanzenporträts, die in folgende Kategorien eingeteilt sind: Sträucher und Bäume, Stauden, Gräser, Zwiebelblumen, Ein- und Zweijährige sowie architektonische Pflanzen und Kletterpflanzen. Hier findet man einige Schätze, sollte aber genau hinschauen. Nicht alle Pflanzen sind hierzulande uneingeschränkt empfehlenswert. Der weite Erfahrungsraum der Autorin ist einerseits sehr spannend, andererseits kann nicht alles, was in Frankreich oder England machbar ist, auch auf hiesige Bedingungen übertragen werden. Kandidaten wie Granatapfel, Passionsblume oder die Immergrüne Waldrebe (Clematis armandii) lassen sich hierzulande in den meisten Regionen allenfalls als Kübelpflanze halten. Das Strauchige Brandkraut (Phlomis fruticosa) würde ich bei uns durch das ebenfalls trockenheitstaugliche Syrische Brandkraut (Phlomis russeliana) ersetzen. Im Zweifelsfall sollte man die eigene Pflanzenauswahl etwas abwandeln und grenzwertige Arten durch robustere austauschen.
Texte und Bilder fein abgestimmt
Das Buch hat ein außergewöhnliches Format und ist aussagekräftig bebildert. Leider wird der Gesamteindruck getrübt durch das dürftige Flexcover aus Papier, welches außerdem sehr empfindlich ist. Stabile Buchdeckel oder zumindest eine Laminierung hätten hier (wie übrigens auch bei den anderen Büchern dieser Reihe) nicht nur optisch viel bewirken können. Die ästhetischen Fotos stammen fast alle von der Autorin und sind gut auf die Texte abgestimmt.
Annette Lepple beweist, dass trockene Böden und regenarme Regionen kein Hinderungsgrund sein müssen, um attraktive Gärten zu gestalten. Das Buch enthält wirklich brauchbare Tipps, wie solche Pflanzungen in die Tat umgesetzt werden können. Ich bin sicher, dass auch Profis hier noch neue Anregungen finden werden. Beim Lesen wird deutlich, dass sich die Autorin umfassend mit dem Thema auseinander gesetzt hat und viele eigene Erkenntnisse beisteuern konnte. Ein Register mit den Pflanzennamen sowie Infos über Bezugsquellen und weiterführende Literatur machen eine runde Sache daraus.
Genießen statt Gießen
Trockenheitstolerante Gärten gestalten
Annette Lepple
Ulmer Verlag 2018
144 Seiten, 24,90 €
Format 24,4 x 24,7 cm
ISBN-10: 3800158442
ISBN-13: 978-3800158447
Über die Autorin
Annette Lepple ist Gartendesignerin und in diesem Bereich auch als Journalistin und Fotografin tätig. Ihre Gartenfotos wurden mehrfach ausgezeichnet, unter anderem beim European Garden Photography Award. Einblicke in ihre aktuellen Projekte geben ihr Gartenblog und ihre Website. In dem 2015 erschienenen Buch Gartenträume – Gärten mit Gefühl zeigt sie ein ausführliches Porträt ihres eigenen und weiterer besonderer Gärten.
Martina Meidinger
Martina Meidinger ist Landschaftsgärtnerin und freiberufliche Autorin. 2009 hat sie den Gartenkulturführer gegründet, ein Veranstaltungsmagazin für Gartentermine in Bayern. Ihre Texte rund um Garten, Pflanze und Natur erscheinen in Büchern, Magazinen und in ihrem Blog.
Super Webseite, danke für diesen tollen Beitrag… werde hier auch in Zukunft zurückgreifen 😉 DANKE !!!! Liebe Grüße Mia