Gemeinsam schlafen: Mythen über das Familienbett

Viele Kinder verbringen die Nacht gern im Bett der Eltern.
StockSnap / Pixabay Viele Kinder verbringen die Nacht gern im Bett der Eltern.

Tagsüber wird das Baby zum Schlafen in die Wiege gelegt, nachts ins eigene Bett im Schlafzimmer und mit einem Jahr soll es dann in seinem eigenen Kinderzimmer übernachten. Während der Schwangerschaft klingen diese Vorstellungen noch leicht umsetzbar. Hat der Nachwuchs aber erst einmal das Licht der Welt erblickt, schaut die Realität oft anders aus. Familienbett, eine Matratzenphobie vonseiten des Säuglings und stark durchbrochene Nächte erfordern dann die Kreativität der Eltern, die verzweifelt nach einer Lösung für das Schlafproblem suchen. Ausnahmen sollen ja bekanntlich die Regel bestätigen. Aber nicht alle Kinder schlafen mit drei Monaten bereits durch. Wie gestalten Mama und Papa also angenehme Schlafgewohnheiten?

Die einen schwören auf das, was für die anderen unvorstellbar ist: das Familienbett. Wer schon einmal mit anderen Eltern über dieses Thema kontrovers diskutiert oder bei einer Auseinandersetzung gelauscht hat, kennt die Mythen über das sogenannte Co-Sleeping.

Mythos Nr. 1: „Das Kind wird nie im eigenen Bett schlafen.“

„Nie“ ist ein so starkes Wort. Wer glaubt, dass der Nachwuchs noch mit 16 im Elternbett schlafen möchte, hat es noch nie mit einem Pubertierenden aufgenommen. Oder seine eigene Pubertät vergessen. Kinder, die nicht um die nächtliche Nähe zu den Eltern „kämpfen“ müssen, werden selbstverständlich irgendwann von allein ausziehen. Für den Zeitpunkt gibt es kein Gesetz. Während manche Kinder im Alter von 3 oder 4 Jahren die nächtliche Autonomie für sich entdecken, brauchen andere etwas mehr Zeit oder einen Ansporn (vielleicht sehen sie, wie der Sandkastenfreund in seinem Bettchen schläft oder ein neues gemütliches Bett hält zum 6. Geburtstag Einzug ins Kinderzimmer).

Der Mythos, das Kind werde nie im eigenen Bett schlafen geht oft einher mit dem Argument: „Früher haben wir doch auch von Beginn an die Nächte im Kinderzimmer verbracht.“ Mag sein – obwohl es in anderen Kulturkreisen (und Naturvölkern) üblich und notwendig ist, dass Eltern und Kinder ihren Schlafplatz teilen. Überdies ist der Satz „Das war schon immer so“, selten der Weisheit letzter Schluss.

Mythos Nr. 2: „Das Baby könnte ersticken.“

In vielen Diskussionen das Totschlagargument: Ein Familienbett ist zu gefährlich, der Säugling könnte ersticken. Eltern, die das gemeinsame Schlafen mit dem Nachwuchs für eine geeignete Möglichkeit der entspannten Nachtruhe sehen, sollten sich (und den Schlafplatz) gut vorbereiten. Das Bett wird nun nicht mehr mit zwei Personen belegt, sondern mit drei – es muss also eine entsprechende Größe aufweisen, damit jeder Platz genug hat, um sich umzudrehen und erholsam zu schlafen. Babys schlafen am sichersten in einem Schlafsack. Wenn das Bett also breit genug ist, dann besteht keine Gefahr für das Kind, unter der elterlichen Daunendecke zu ersticken. Überdies sollte von einem Familienbett Abstand genommen werden, wenn ein Elternteil Drogen, Alkohol oder Zigaretten konsumiert. Weiche Matratzen eignen sich grundsätzlich nicht für den Familienschlafplatz, weil das Kind darin versinken oder sich bei Schwierigkeiten nicht allein aufrichten kann.

Wer diese Gefahren erkannt und gebannt hat, darf die Vorteile genießen: Viele Babys finden nach dem Aufwachen schnell wieder in den Schlaf, wenn sie die Nähe ihrer Eltern spüren. Mütter, die das Stillen in liegender Position beherrschen, sparen sich nächtliche Wanderungen zum Kinderbett. Das Kind kann durch das Stillen und die Nähe zur Mutter schnell wieder zur Ruhe kommen, ohne dass der Partner davon aufwacht. Zwar sind die Ursachen des Plötzlichen Kindstodes noch weitgehend ungeklärt, es besteht aber – bei Ausschluss aller genannten Risikofaktoren – keine erhöhte Gefahr durch das Co-Sleeping. Im Gegenteil: Durch die Wahrnehmung der Atmung der Eltern können Atemaussetzer des Kindes verhindert werden. Sollten doch Probleme auftreten, sind die Reaktionswege der Eltern so kurz wie nur möglich.

Mythos Nr. 3: „Kein Platz für intime Momente.“

Gegenfrage: Finden die intimen Momente zwischen Ihnen und Ihrem Partner ausschließlich im Ehebett statt? Wenn einer der Partner mit dem Eheleben oder der Quantität der Zärtlichkeiten nicht zufrieden ist, dann sollte die Ursache dafür gefunden werden. In den seltensten Fällen ist sie bei den Schlafgewohnheiten des Säuglings zu finden. Gründe gibt es viele. Sprechen Sie miteinander, wenn Sie unglücklich über das fehlende Liebesleben sind und finden Sie Alternativen oder Kompromisse. Wenn das Ergebnis Ihrer Gespräche ist, dass ein Familienbett den zärtlichen Momenten im Weg steht, dann ist es möglicherweise doch nicht das Richtige.

Auch Eltern genießen es, neben dem Baby aufzuwachen.
smpratt90 / Pixabay Auch Eltern genießen es, neben dem Baby aufzuwachen.

Mythos Nr. 4: „Kinder müssen lernen, allein einzuschlafen.“

Ein häufig angebrachtes Argument gegen das Familienbett ist, dass Babys oder Kinder lernen müssen, allein einzuschlafen. Die Eltern würden ihren Nachwuchs verwöhnen, heißt es. Auch hier wieder eine Gegenfrage: Kann man Kinder überhaupt mit Nähe und Geborgenheit verwöhnen? Es handelt sich dabei um Grundbedürfnisse, die wie Essen und Trinken befriedigt werden müssen. Mit der Erfüllung von Grundbedürfnissen kann man einen Menschen nicht verwöhnen!

Während die einen schließlich von den Erfolgen bekannter Schlaflernprogramme berichten, genießen andere Eltern selbst, mit ihren Kleinsten in einem Bett zu schlafen und dabei Entspannung und Ruhe zu finden. Hier scheiden sich die Geister. Sicher ist aber, dass sich viele Dinge im Heranwachsen des Kindes ganz von selbst erledigen, ohne dass Mama und Papa Druck ausüben. Möglicherweise schlafen Babys, die im Bett ihrer Eltern übernachten, erst später durch. Möglicherweise sind aber die durchbrochenen Nächte im Elternbett gar nicht so anstrengend, weil das Kind schnell wieder in den Schlaf findet.

Familienbett oder Kinderbett: der eigene Weg ist der richtige

Jede Familie muss ihren eigenen Weg finden. Intuition und Kommunikation sind die Säulen für gute Schlafgewohnheiten. Babys und Kinder haben die Angewohnheit, ihre Bedürfnisse ganz offen, deutlich und manchmal auch lautstark zu vertreten. Brauchen Ihre Kleinen vielleicht eher Ruhe, um einzuschlafen? Oder körperliche Nähe? Schläft es sich im Tragetuch besser als in der Wiege? Ist genug Platz im Familienbett oder findet Ihr Baby Geborgenheit im eigenen Bettchen? Ist das Kind auf der Welt angekommen, dann lautet die Devise: Probieren geht über Studieren. Die meisten Prinzipien, die Sie sich während der Schwangerschaft noch fest vorgenommen haben, werden höchstwahrscheinlich über Bord geworfen, sobald die Vorstellungen des Säuglings nicht mit denen der Eltern übereinstimmen.

Diskutieren Sie mit uns! Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Verena Hohmann

 

 

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