Depressionen – eine Volkskrankheit?

„Nun hab dich nicht so!“ Es gibt wohl niemanden, der diesen Satz nicht schon einmal oder mehrfach gehört hat, wenn er niedergeschlagen war. Menschen, die unter Depressionen leiden, empfinden derartige „Aufmunterungsversuche“ jedoch eher als blanken Hohn. Denn sie können ihre tiefe Niedergeschlagenheit nicht mittels Selbstdisziplin oder Willenskraft beeinflussen oder gar überwinden – schon gar nicht ohne professionelle Hilfe. Umso wichtiger ist es, Depressionen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, um schlimmere Folgen dieser ernsthaften psychischen Störungen zu verhindern. Schließlich sind Depressionen eine häufige Ursache für Arbeitsunfähigkeit oder Frühverrentung. Und auch bei etwa der Hälfte aller Selbstmorde in Deutschland dürfte eine Depression der Auslöser für den Freitod sein.

Was sind Depressionen?

Die Betroffenen leiden an einer anhaltenden, tiefen Niedergeschlagenheit, von der sie sich meist auch nicht selbst befreien können. Anders als bei einem normalen Stimmungstief muss es bei Depressionen keinen konkreten Auslöser für die schlechte Stimmung geben. Deshalb ordnen Psychologen Depressionen auch unter dem Überbegriff „affektive Störungen ein“, mit dem verschiedene psychische Störungen bezeichnet werden, die sich auf die Gefühlslage der Betroffenen auswirken. Wird diese Störung nicht behandelt, verbessert sich der Zustand der Betroffenen nicht, sondern verschlimmert sich im Gegenteil sogar. Zudem können Depressionen als Folgeerscheinung von anderen Problemen auftreten oder eine andere Problematik verursachen. So kann eine unbehandelte Depression beispielsweise zu einer Suchtproblematik führen: Die Betroffenen konsumieren Alkohol oder Drogen, um ihre schlechte Stimmung aufzuhellen, rutschen in eine Abhängigkeit hinein und werden in der Folge falsch behandelt, weil das eigentliche Problem nicht erkannt wurde.

Wie weit verbreitet sind Depressionen?

„Depressive Störungen gehören zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen“, sagt das Bundesgesundheitsministerium zu diesem Thema. Experten schätzen, dass weltweit rund 350 Millionen Menschen an Depressionen leiden – Tendenz steigend. So geht die Weltgesundheitsorganisation aus, dass Depressionen bis 2020 wohl die zweithäufigste Volkskrankheit sein dürften.

Die Symptome einer Depression

Depressionen als solche zu erkennen, ist auch für Psychologen – und erst recht für das persönliche Umfeld der Betroffenen – nicht unbedingt einfach. Der Grund: Diese Störung äußert sich auf vielfältige und individuell höchst unterschiedliche Weise. Als charakteristisches Symptom gilt eine quälende innere Niedergeschlagenheit und Leere. Viele Betroffene klagen aber auch über diffuse körperliche Probleme wie Magendrücken oder Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und auch Angstgefühle. Andere wiederum klagen eher über Gleichgültigkeit und die Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen. Die Beschwerden können zu bestimmten Tageszeiten besonders stark ausfallen, wie es etwa beim sogenannten Morgentief der Fall ist. Weil sich eine Depression auf vielfältige Weise und von Mensch zu Mensch unterschiedlich äußern kann, gehen Experten davon aus, dass etwa 60 Prozent aller Depressionen nicht erkannt werden.

Wie wird eine Depression erkannt?

Wer die genannten Anzeichen über einen längeren Zeitraum an sich bemerkt, sollte schnellstmöglich einen Arzt aufsuchen und im Gespräch auch den Verdacht auf eine Depression äußern. Ansonsten besteht nämlich die Gefahr, dass lediglich körperliche Symptome behandelt werden, die psychische Problematik aber unerkannt bleibt. Bei der eigentlichen Untersuchung wird sowohl die biographische als auch die medizinische Vorgeschichte herangezogen. Ferner betrachtet der Arzt die aktuelle Lebenssituation des Betroffenen ebenso wie seinen psychischen und physischen Zustand. Die eigentliche Diagnose erfolgt nach der International Classification of Disorders, die von der Weltgesundheitsorganisation festgelegt wurde und in welcher Depressionen in verschiedene Kategorien von der depressiven Episode bis hin zur chronischen Depression unterteilt werden.

Wie werden Depressionen behandelt?

Weil die Ausprägung höchst unterschiedlich ist, muss auch die Therapie möglichst individuell auf den Patienten zugeschnitten sein. Als schulmedizinischer Standard hat sich eine Kombination von Psycho- und Gesprächstherapie durchgesetzt, die gegebenenfalls medikamentös durch Antidepressiva unterstützt wird.

Bei leichteren Formen einer Depression können Bewegungstherapie und Sport, eventuell auch Entspannungsübungen, hilfreich sein. Unter Umständen können auch pflanzliche Heilmittel wie Johanniskraut Linderung verschaffen. Tritt eine Depression nur saisonal auf, wie es etwa bei der Herbst- und Winterdepression der Fall ist, wird gern die Lichttherapie genutzt, um das fehlende Tageslicht auszugleichen. Abgerundet werden kann die Therapie mit sozialpädagogischen Maßnahmen in der Schule und am Arbeitsplatz.

Im Rahmen der Therapie erarbeitet der Arzt gemeinsam mit dem Betroffenen Methoden, durch die jener sich selbst helfen kann, wenn er Gefahr läuft, in eine depressive Phase zu rutschen. Eminent wichtig ist es in diesem Zusammenhang, dass die Betroffenen in ihren Alltag verstärkt Dinge einplanen, die sie als Entlastung empfinden. Hilfreich kann es beispielsweise sein, wenn Wochenpläne erstellt werden, in welchen die anstehenden Aufgaben festgelegt werden. Ein ebenso wirkungsvolles Instrument kann ein „Stimmungstagebuch“ darstellen. Denn wer regelmäßig seine Stimmungslage notiert, ist schon bald in der Lage, Frühwarnzeichen zu erkennen und depressive Phasen frühzeitig abzufangen.

Depressionen und das soziale Umfeld

Unabdingbar für den Heilungsprozess ist es, das soziale Umfeld, also insbesondere die Familie und Freunde, miteinzubeziehen. Diese stehen der Problematik meist hilflos gegenüber und müssen ebenso darunter leiden. Zum einen, weil sie den Stimmungsschwankungen der Betroffenen direkt ausgesetzt sind, zum anderen, weil sie oft versuchen, stets stark zu sein und Aufgaben der Betroffenen zu übernehmen. Das führt letztlich zu einer Situation, die für jeden Beteiligten untragbar wird.

Ein erster wichtiger Schritt für den richtigen Umgang mit Depressionen besteht in der Information über die Krankheit. Ferner müssen die Angehörigen auch ihre eigenen Grenzen kennen. In diesem Zusammenhang können sie ruhig auch behutsam negative Gefühle ansprechen, die sie den Betroffenen gegenüber entwickelt haben. Letzteres ist oft der Fall, wird jedoch nicht angesprochen, was wiederum zu weiteren Problemen für alle Beteiligten führt. Hilfe und Unterstützung finden sie beim behandelnden Arzt oder beim „Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker“.

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