Manchen Menschen gelingt es, eine Fremdsprache ohne muttersprachlichen Akzent zu sprechen. Der frankokanadischen Sängerin Céline Dion hört man heute nicht mehr an, dass Englisch nicht ihre Muttersprache ist. Torchwood-Darsteller John Barrowman wechselt mühelos zwischen schottischem und amerikanischem Englisch hin und her. Andere, wie die Zauberkünstler Siegfried und Roy, können ihre deutsche Herkunft wegen ihres schweren Akzents selbst nach Jahrzehnten in den USA nicht verhehlen. Stört Sie Ihr eigener muttersprachlicher Akzent, wenn Sie Englisch, Französisch oder Deutsch reden? Wir verraten, wie es Ihnen gelingt, Ihren Akzent in Fremdsprachen zu mildern, beziehungsweise im Idealfall komplett los zu werden.
Einfach wird es nicht, den eigenen Akzent abzulegen. Aber es ist machbar. Das erfordert Sprachgefühl, ein Ohr für Klänge und gezieltes Training. Der muttersprachliche Akzent ist Ausdruck der eigentlichen sprachlichen Identität. Selbst Einwanderern, die seit vielen Jahren im Land der gewählten Fremdsprache leben, ist ihre Herkunft oft deutlich anzuhören. Das bringt Vor- und Nachteile mit sich. Ein Akzent kann durchaus als charmant, sexy und speziell gelten. Einer repräsentativen Umfrage des Mannheimer Instituts für Deutsche Sprache zufolge werden in Deutschland besonders der französische
und der italienische Akzent positiv bewertet. Aber nicht alle muttersprachlichen Einfärbungen sind überall gleichermaßen beliebt. Sie können durchaus hinderlich für die angestrebte Karriere sein.
Ein Vorteil, wenn es Ihnen gelingt, Ihren Akzent abzulegen: Mit der richtigen Aussprache, Tonalität und dem richtigen Rhythmus lässt sich ein höherer Grad der Sprachbeherrschung vortäuschen als mit fundierter Grammatik und Wortschatz allein.
Wie ein muttersprachlicher Akzent in Fremdsprachen überhaupt zustande kommt
Kleine Kinder lernen Fremdsprachen mühelos. Selbst mehrere Sprachen zur gleichen Zeit sind kein Problem, denn ihr Gehirn ist in dieser sensiblen Phase, die mit Erreichen des vierten Geburtstags endet, auf das Erlernen von Sprachen eingestellt. Sie imitieren, was sie hören. Ältere und erwachsene Lernende tun sich genau damit schwer. Das Nachplappern ist ihnen peinlich. Statt ihre Lehrer möglichst genau zu kopieren, übernehmen sie Merkmale, Rhythmus und Tonalität der Aussprache aus ihrer Muttersprache, wenn sie eine zweite, dritte oder vierte Sprache lernen. So entsteht der Akzent.
Wollen Sie akzentfrei eine Fremdsprache sprechen, legen Sie sich auf eine Region fest. Britisches Englisch klingt beispielsweise anders als amerikanisches oder australisches.
Tipp 1: Lernen Sie, Fremdsprachen von Anfang an akzentfrei zu sprechen.
Im Idealfall lernen Sie eine Fremdsprache von Anfang an ohne eine muttersprachliche Einfärbung.
Das gelingt am besten mit einem strengen Lehrer oder Stimmtrainer, der Ihre Aussprache rigoros korrigiert. In den meisten Fällen wird darauf weder im Schulunterricht noch an den Volkshochschulen oder sonstigen Präsenzkursen geachtet. In Gruppen ist es kaum möglich, jeden einzelnen Lernenden Worte und Sätze solange nachsprechen zu lassen, bis wirklich alles stimmt. Dafür fehlt zum einen die Zeit. Zum anderen hat nicht jeder Lernende diesen hohen Anspruch an sich selbst. Außerdem darf die Gruppe nicht unruhig werden, sonst ist eine Weiterarbeit nicht mehr möglich. Wollen Sie eine Fremdsprache wirklich von der Pike auf perfekt sprechen lernen, wenden Sie sich an einen muttersprachlichen Privatlehrer. Neben Lesen, Schreiben, Sprechen, Übersetzen, Vokabeltraining und Hörübungen sollte das Aussprachetraining einen möglichst breiten Raum einnehmen. Dann sind die Erfolge am größten. Fehlt Ihnen die Zeit für regelmäßige Treffen? Auch per Skype ist Unterricht möglich.
Tipp 2: Hören Sie Muttersprachlern zu, um Ihren eigenen Akzent zu mildern.
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Sie Ihre gewählte Fremdsprache bereits auf einem gewissen Niveau beherrschen. Vielleicht haben Sie die Fremdsprache in der Schule gelernt oder später Kurse belegt. Trotzdem können Sie Ihren Akzent bekämpfen: Hören Sie Muttersprachlern zu. Filme, Serien, Talkshows, Radiosendungen, Hörbücher, YouTube-Videos. Die Auswahl ist riesig. Wichtig ist, dass Sie sich so viel Input in der von Ihnen gewählten Fremdsprache und Region aussetzen wie möglich. Am effektivsten ist eine Mischung aus bewusstem Zuhören und Hintergrundberieselung. Schauen Sie abends beispielsweise konzentriert Filme oder Serien in Ihrer Wunsch-Fremdsprache an. Bei der Hausarbeit, im Auto oder bei Routinetätigkeiten am Schreibtisch kann ein Hörbuch oder ein entsprechender Radiosender im Hintergrund mitlaufen. Durch das (Nebenbei)Hören prägt sich die Aussprache ein, und Sie bekommen ein Gefühl für die Sprachmelodie. Je häufiger und länger Sie das Hören in der Fremdsprache in Ihren Alltag integrieren können, desto besser.
Tipp 3: Sprechen Sie Muttersprachler nach.
Ihr passiver Wortschatz ist vermutlich in der von Ihnen gewählten Fremdsprache sehr viel größer als Ihr aktiver. Es wird Wörter geben, die Sie geschrieben bereits zigmal gesehen, aber noch nie ausgesprochen gehört haben. Kommen Sie dann in eine Situation, wo Sie das Wort aktiv in einem Gespräch anwenden wollen, ist das Risiko hoch, es versehentlich falsch auszusprechen. Solch ein Fauxpas verrät sofort, dass Sie kein Native Speaker sind. Auf Forvo finden Sie unzählige Wörter in allen möglichen Sprachen, die von Einheimischen eingesprochen worden sind. Hören Sie genau hin und wiederholen Sie das Gehörte. Seien Sie kritisch.
Nehmen Sie sich die Zeit, Muttersprachler nachzusprechen, wann immer es sich anbietet. Das kann beispielsweise ebenso mithilfe eines gelesenen Hörbuchs geschehen. Hören Sie die den ersten Satz mehrfach an. Dann stoppen Sie das Hörbuch und sprechen Sie das Gehörte nach. Versuchen Sie, den Muttersprachler möglichst genau zu imitieren. Übertreiben Sie ruhig! Sinnvoll ist es, wenn Sie sich dabei mit Ihrem Smartphone aufnehmen. Dadurch können Sie ein Stück weit von außen beurteilen, wie Sie selbst klingen. Übung macht den Meister. Mit der Zeit werden Sie immer besser werden, sodass Sie sich auf mehrere gehörte und nachgesprochene Sätze steigern können. Vielleicht schaffen Sie es sogar, Gedichte oder kurze Texte auswendig zu lernen und diese einzusprechen.
Tipp 3: Singen Sie Songs in der von Ihnen
gewählten Fremdsprache.
Beim Singen ist der eigene Akzent längst nicht so ausgeprägt wie beim Sprechen. Lernen Sie daher Lieder in Ihrer Zielsprache auswendig. So prägen sich Aussprache und Rhythmus ein. Ihre Tonalität in der Fremdsprache wird dadurch automatisch verbessert. Denn häufig ist es noch nicht einmal die Aussprache, die Sie als nicht-einheimisch „verrät“. Es sind der Rhythmus und die Sprachmelodie.
Tipp 4: Reduzieren Sie Ihren Akzent mithilfe von Coaching-Büchern und Videos.
Die Literatur stellt einiges an Büchern und Tools bereit, mit denen Sie sich von Ihrem unliebsamem Akzent befreien können.
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Auf YouTube geben Sprachenlehrer und andere Muttersprachler hilfreiche Tipps, wie Sie Ihren Akzent loswerden können. Sie verraten beispielsweise, wie Ihre Zunge beim Sprechen positioniert sein sollte. Damit können Sie ebenfalls in kurzer Zeit große Fortschritte erzielen.
Tipp 5: Lesen Sie Wörter, Sätze und ganze Texte laut vor.
Vielleicht bevorzugen Sie Apps zum Fremdsprachen lernen? Zur Reduktion des eigenen Akzents im Englischen sollten Sie sich ELSA Speak näher ansehen. Die Macher der iPhone App versprechen, dass sich die Aussprache in weniger als vier Wochen um 40 % verbessern lässt. Nicht ganz so gut gelingt das Abtrainieren des eigenen Akzents mit Babbel. Zwar lassen sich in die App ebenfalls Wörter und Sätze einsprechen. Die Kontrolle funktionierte bei unserem Niederländisch-Test allerdings nicht zuverlässig. Genuschel wurde auf Anhieb als korrekt akzeptiert, von einer Muttersprachlerin Nachgesprochenes als falsch zurückgewiesen. Da ist also noch deutlich Luft nach oben.
Vielleicht arbeiten Sie lieber mit Büchern und CDs. Wichtig ist, dass Sie die in der Fremdsprache gelernten Wörter und Sätze nicht nur anschauen, schreiben und hören, sondern laut aussprechen. Lesen Sie Ihre Lehrbuchtexte vor. Sprechen Sie die Muttersprachler auf der CD nach. Üben Sie Vokabeln nicht nur mit Karteikarten, sondern durch das laute Aussprechen – und am besten immer im Kontext.
Kontakt zu Muttersprachlern suchen
Mehr als alles andere zahlt sich Beharrlichkeit beim Ablegen des muttersprachlichen Akzents in der Fremdsprache aus. Gezieltes Training, Hören, Nachsprechen und Singen sind effektive Methoden zur Verbesserung. Suchen Sie unbedingt Kontakt zu Muttersprachlern und führen Sie Gespräche, wann immer es möglich ist. Das kann bei persönlichen Treffen, via Skype oder am Telefon passieren. Bitten Sie um sofortige Verbesserung bei Fehlern. Haben Sie keine Scheu, die Aussprache etwas übertriebener zu imitieren.
Michaela Hövermann
Michaela Hövermann ist freiberufliche Texterin und Journalistin. Ihre Schwerpunkte sind unter anderem Karriere, Elektromobilität, Immobilien, Liebe & Partnerschaft sowie Gesundheitsthemen. Sie lebt mit Frau und Katzen in Herzberg am Harz. Portfolio: https://michaelahoevermann.contently.com/
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